Familie Kim lebt bescheiden. Naja, eher runtergekommen. Irgendwo in einem schummrigen Souterrain in der großen Stadt müssen Aushilfsjobs herhalten, um überhaupt über die Runden zu kommen – und wenn es das Falten von Pizzakartons...
Familie Kim lebt bescheiden. Naja, eher runtergekommen. Irgendwo in einem schummrigen Souterrain in der großen Stadt müssen Aushilfsjobs herhalten, um überhaupt über die Runden zu kommen – und wenn es das Falten von Pizzakartons ist. Als wäre das alles noch nicht schlimm genug, hat nun auch noch die Nachbarin über ihnen das zuvor offene WLAN passwortgeschützt. Einen Funken Restempfang eines öffentlichen WLANs findet Sohn Ki-woo noch – direkt neben dem winzigen Klo. Aufwärts scheint es zu gehen, als er außerdem einen Job als Nachhilfelehrer der reichen Schülerin Da-hye Park annimmt. Wie es der Zufall will, suchen die Parks auch noch eine Kunst-Unterstützerin für den begabten kleinen Sohn Da-song. Und wie es der Zufall will, ist Ki-woos Schwester Ki-jung ziemlich gut in kreativer Kunst. Nach und nach schafft Ki-woo es, seine ganze Familie bei den Parks einzuschleusen. Und die Kims werden immer unersetzlicher für die Parks. Doch dann geschieht etwas, mit dem auch die Kims nicht gerechnet haben …
Parasite ist schon ein kleines Phänomen: Goldene Palme von Venedig, Golden Globe für den besten fremdsprachigen Film und je ein Oscar© für den besten Film und den besten nicht englischsprachigen Film (was für sich genommen schon eine bisher einmalige Sensation ist) – nimmt man die bisher rund 200 Preise, die Parasite gewonnen hat, dürfte man annehmen, dass Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Bong Joon Ho gerne so langsam mal wieder einen faulen Abend auf der Couch verbringen würde. Denn zwischendurch dürften die Termine zu Preisverleihungen und Festivals des Öfteren miteinander in Kollision gestanden haben. Selbst wenn der Lohn von sensationellen 204 Mio. Dollar weltweitem Einspiel (Stand Ende Februar 2020) üppig ausfiel, gehen einem die immer gleichen Fragen von Journalisten sicherlich irgendwann auf die Nerven. Es ist aber auch unheimlich, wenn man bedenkt, dass Parasite auf einzelnen Filmbewertungs-Plattformen derzeit sogar Der Pate von der Spitzenposition verdrängen konnte (Quelle).
Bong Joon Ho kam die Idee zu seinem Drehbuch 2013 während der Dreharbeiten zu Snowpiercer. Ursprünglich wollte er die Erfahrungen, die er als Nachhilfelehrer für einen Jungen aus gutem Haus gesammelt hatte, in ein Bühnenstück verarbeiten. Im Laufe der Zeit (und mit dem Zutun von Co-Autor Jin Won Han) formte sich aber immer mehr eine filmische Geschichte heraus. Eine Geschichte, die Bong Joon Ho vom südkoreanischen Genreklassiker Hanjo -- Das Hausmädchen beeinflusst sieht. Im 1960er Film führt die Anstellung eines Haus- und Kindermädchens zur Zerstörung einer Familie, nachdem der Hausheer eine Affäre mit der jungen Frau beginnt. Diese Grundidee mixt der Regisseur mit einigen realen Geschehnissen und verdichtet sie in seinem Parasite zu einem atmosphärisch packenden Mix aus so unterschiedlichen Genres wie Drama, schwarze Komödie, Thriller und Home Invasion. Die unterliegenden Hauptthemen Klassenunterschied und soziales Ungleichgewicht werden an der Oberfläche schon deutlich, wenn man sich die Inhaltsangabe durchliest.
Aber auch visuell und inszenatorisch macht der Film klar, welche Klasse wo (die Armen im Souterrain/Keller, die Reichen in prunkvollen Häusern) lebt und welche Wohnumstände dort jeweils herrschen. Geld siegt hier eindeutig über Sicherheit und gesundheitsgefährdende Lebensumstände. Die Kritik am Kapitalismus ist dabei allgemeingültig, selbst wenn der Film in Korea noch spezifischere Jugendthemen anspricht und noch dazu eine unverhohlene Kritik am Lifestyle der USA, bzw. der Hörigkeit der Südkoreaner gegenüber dem US-Konsum. Sensationell gut ist dabei die Verwebung von Sedesign und Kameraarbeit. Man weiß von der ersten Minute an, dass die Kims in einem Drecksloch leben.
Das Klo auf einer halben Etage höher gelegt kann man nur in gebückter Haltung erklimmen, die Habseligkeiten haben kaum Platz in der klaustrophobisch engen Wohnung und die Tatsache, dass ständig Betrunkene in die offenen Fenster der Halbkeller-Wohnung urinieren, verdeutlicht den sozialen Stand der Kims. Ganz anders die Parks. Sie leben etwas höher gelegen innerhalb von dicken Mauern und Toren, abgesichert durch Kameras in einer kleinen Oase mitten in der Stadt. Ihr Garten gleicht einer kleinen Wohlfühloase und im Wohnzimmer könnte man auch Fußball spielen. Das ist aber nur der visuelle Aspekt. Inhaltlich spielt sich das Arm gegen Reich und Reich gegen Arm über den Geruch ab. In einer Schlüsselszene bekommt Vater Kim mit, wie Vater Park ganz offen den Gestank kritisiert, der angeblich von Kim ausgeht.
Einen Geruch, das weiß Kim, den er nie wird ablegen können. Einen Geruch, der die Kluft zwischen ihm und Park offenbart und der so eklatant zu sein scheint, dass Park – so respektvoll wie er Kim zunächst gegenüber tritt – sich in einem Moment der Ehrlichkeit darüber beschwert. Das Szenario selbst filmt Kameramann Kyung-pyo Hong so smart, dass es visuell ein echter Genuss ist. Ob das die tollen Bildkompositionen sind, in denen das Innere des Hauses der Parks fast geometrisch dargestellt wird oder die teils aus der Vogelperspektive geschilderten Bilder im Finale. Aber auch die Kameraeinstellungen der Figuren nehmen das Thema des Films auf. Bisweilen sieht man den jeweils anderen aus der Hinter-der-Kopf-Position seines Gegenübers. Allerdings nicht vollumfänglich, sondern nur im Anschnitt – so als würden die Figuren zu verschmelzen beginnen und ihre Positionen tauschen – eine glänzende Arbeit von Kyung-pyo, der schon in Snowpiercer mit Bong Joon Ho zusammengearbeitet hatte (und dort ebenfalls fantastische Arbeit ablieferte). Das Besondere an Parasite ist aber neben dem Setting auch seine unglaublich gekonnte Mixtur aus Drama, Thriller und Humor. Besonders zu Beginn gibt’s immer wieder witzige Situationen.
Ob es die offenen Fenster während der Schädlingsbekämpfungs-Dämpfe sind oder die fast schon slapstickartigen Ungeschicklichkeiten von Vater Kim. Erstaunlich westlich ist diese Art von Humor, während die brüsken Kommandos von Mutter Kim eher den fernöstlichen Witz übermitteln. Schwarz und schwärzer wird der Humor dann, wenn Bong Joon Ho uns nach gut einer Stunde die erste faustdicke Überraschung präsentiert. Von da an zieht gleichzeitig die Spannungskurve an und lenkt den Film in eine ganz andere Richtung. Gleichermaßen bleibt man aber am Geschehen und möchte unbedingt wissen, wie es denn jetzt mit den Kims und den Parks weitergeht. Schwierig steht’s um Parasite nur dann, wenn man ihm Fragen bezüglich des Realismus stellt – und das gar nicht darauf bezogen, dass es so einfach scheint, sich in die reiche Familie einzuschleusen. Vielmehr fällt es schwer, wirklich zu glauben, dass dieses Quartett, das sich zunächst nicht gerade vornehm und organisiert darstellt, den Haushalt der Parks ebenso perfekt schmeißt wie die langjährigen Vorgänger.
Das ist ein Punkt, an dem Parasite sicherlich einige Zuschauer verliert. Gleichsam droht ein anderes Problem für eine Zweiteilung der Zuschauer in Pro und Contra. Denn während man anfänglich durchaus auf der Seite der Kims stand und ihnen schon gönnte, auch ein wenig von den Früchten der Reichen zu essen, steht der Film vor dem letzten Drittel schon mal kurz vor der Schwelle, den Kontakt zu den Hauptfiguren zu verlieren. Auch mit dem überraschenden Finale wird das nicht unbedingt besser. Und es wird auch Kritiker geben, denen das Schicksal der vier Kims am Ende etwas absurd wirkt.Doch wer Parasite mal sacken lässt. Wer ihm mal einen Tag des Wirkens gönnt. Und wer ihm dann noch mal nachspürt. Der wird merken, dass es gerade diese absurden Momente sind, die den Übergang der so unterschiedlichen Genres am Ende so gelungen werden lassen.
Parasite ist nicht perfekt. Zwischenzeitlich ist er sogar etwas nachlässig. Aber: Parasite ist vielschichtig, glänzend gespielt, erlesen fotografiert und unglaublich elegant inszeniert. Als Kommentar auf den Kapitalismus der westlichen Welt und als Gesellschaftssatire auf die Kluft zwischen Arm und Reich funktioniert Bong Joon Hos Film überdies hervorragend – selbst wenn das nicht für jeden (Mainstream)Fan unterhaltsam sein wird.
Autor: Timo Wolters - Copyright Szenenfotos: Koch Films / Capelight Pictures
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