Hinter der Marke Radiant Acoustics verbirgt sich ein weiteres, neues Brand, das unter den Fittichen von Peter Lyngdorf an den Start gebracht wurde. Mit den brandneuen Clarity 6.2 geht ein Kompaktlautsprecher an den Start, der es mit den bekannten Größen im gehobenen Preissegment aufnehmen möchte. Ob das gelingt, klären wir im Artikel.
Ein weiterer, neuer Hersteller? Ja! Aber so wirklich neu ist dieser nicht wirklich. Um die Expertise aufzuzeigen, muss ein etwas größerer Kreis gezogen werden. Peter Lyngdorf sollte im Allgemeinen in der HiFi-Branche unlängst ein Begriff sein und der auch nicht mehr wegzudenken ist. Der Däne hat in den letzten 30 Jahren die Marken Lyngdorf Audio, DALI, die Handelskette HiFi-Klubben sowie auch Purifi mit gegründet und aufgebaut. Unter der Handelskette Nordic HiFi (Dachfirma von HiFi-Klubben) präsentiert sich jetzt Radiant Acoustics als neueste Schöpfung und als Auftakt möglicher weiterer Produkte.
Die Clarity 6.2 Kompaktbox möchte bekannte Modelle und Marken das Fürchten lehren, ist dieser Lautsprecher doch mit dem aktuellsten ausgestattet, was man in diesem Segment finden kann. Zunächst aber die Grundzutaten: die Schallwandler gibt es in drei Farbausführungen, in Weiß, Schwarz und einem schicken Walnuss-Furnier. Die zuletzt genannten sind auch hier in den Abbildungen zu finden. Preislich ordnen sich die Lautsprecher bei 4000 Euro für das Paar ein und verstehen sich dabei ganz klar als High-End-Alternative.
Das Grundkonzept stützt sich dabei auf ein geschlossenes Gehäuse-System ohne Bassreflex-Kanal, dafür aber mit zwei seitlich verbauten 6,5“ Passiv-Radiatoren, sowie einen weiteren nach vorn gerichteten, 6,5“ Tief-Mitteltöner. Die drei Chassis sind im Purifi Ushindy-Design ausgeführt, welche an den markanten Sicken zu erkennen sind und eine ganze Reihe an Vorteilen mitbringen wollen. Um es kurzzuhalten, jene wollen Verzerrungen minimieren und den Wirkungsgrad maximieren, so dass diese kompakten Tieftöner mit langem Hub mit viel größeren Tieftönern mit kürzerem Hub konkurrieren können.
Was im Umkehrschluss zugleich auch bedeutet, dass der Lautsprecher eine sehr hohe Tieftonpräsenz bieten möchte, die klar, präzise und leistungsstark auftreten will. Die Auflösung gibt es dazu auf den nächsten Seiten. Als weitere Keyfacts sollten noch der Air Motion Transformer mit seinem Hornkonzept und den angepassten Waveguide genannt werden, sowie das massiv aufgebaute MDF-Gehäuse.
Nachfolgend finden sich die technischen Eckdaten in der Übersicht aufgelistet:
Lautsprecher im Überblick | |
Bezeichnung | Radiant Acoustics Clarity 6.2 |
Preis | 3998,- EUR (Paarpreis) |
Hersteller-Homepage | https://radiantacoustics.com/ |
Maße | 222 x 364 x 266 mm |
Gewicht | 10,8 Kg pro Stück |
weitere Daten | |
Frequenzband | 35 – 20000 Hz |
Empfindlichkeit | 82 dB @ 2,00 VRMS ~1W @ 4 Ohm 85 dB @ 2,83 VRMS ~1W @ 8 Ohm |
Übergangsfrequenz | 2400 Hz |
empf. Verstärkerleistung | min. 100 Watt |
Mittel-Tieftöner | 6,5 " Purifi Ushindi |
Passiv-Membranen | 2x 6,5" Purifi Ushindi |
Hochtöner | Custom AMT (Air Motion Transformer) |
Eines steht sofort fest, die Clarity 6.2 sehen verdammt schick aus, präsentieren ein nicht alltägliches Design und wirken sogar mit dem Walnuss-Furnier sehr modern in ihrer Anmutung. Als markanter Kontrast sticht natürlich die massive 15mm Frontplatte ins Auge, die aus gefrästem Aluminium besteht und eben auch jene Wertigkeit vermittelt. Positive Nebeneffekte des robusten Materials sollen dann letztlich auch wieder beim Klang zu „spürbar“ sein, da man hier Verzerrungen vorbeugen kann. Die per CNC-Fräse bearbeitete Front-Partie wird dann auf das MDF-Gehäuse gesetzt, welches wiederum mit einer Materialstärke von 21 mm ausgewiesen wird. Eine Frontabdeckung für die Membranen gibt es übrigens nicht.
Blick man auf den Querschnitt des Gehäuses offenbart sich ein vergleichsweise komplexes Design, welches mit etlichen Verstrebungen versehen ist, die rückwärtig positionierte Frequenzweiche aufzeigt, nebenbei erwähnt eisenfrei gefertigt und auch die Basotect Adsorptionsmaterialien zur klanglichen Optimierung. Die Fertigung der Lautsprecher findet übrigens komplett im Dänischen Nørager statt, in der auch DALI die eigenen Produkte fertigen lässt. Einen Einblick in die Größe der Fertigungshallen konnten wir vor einiger Zeit selbst vor Ort erhaschen (zum Videobeitrag). Neben der Fertigung durchläuft jeder fertig montierte Lautsprecher eine sorgfältige Einzelprüfung auf Funktion und akustische Präzision.
Für den Hochtonbereich ist hier ein Air Motion Transformer (AMT) verantwortlich, der nicht nur schick eingearbeitet wurde, sondern mittels eines speziell entwickelten Hochfrequenz-Waveguide, für ein hervorragendes Abstrahlverhalten auch außerhalb des Sweet Spots sorgen soll – der Hersteller wirbt auch ganz offen mit diesem Versprechen. Der besagte Waveguide ist auf den AMT abgestimmt, sodass er perfekt mit dem Tieftöner in Kombination arbeitet und ab 2400 Hz seine Arbeit antritt. Genau genommen sprechen die Entwickler hier von einem „Beam Expansion Waveguide“, der bei hohen Frequenzen das Abstrahlverhalten erweitert und so die hörbare Bühne spürbar vergrößern möchte. Diese Aussagen bauen auf jeden Fall einen Spannungsbogen auf (…)
Zugegeben, die Sicken der insgesamt drei Purifi-USHINDI-Membranen sehen sehr ungewöhnlich aus, verfolgen aber ein klares Ziel in ihrer audiophilen Darbietung, die zugleich auch eine Neuentwicklung darstellt. Hinter dem etwas skurril anmutenden Namen verbirgt sich ein Funktionsprinzip, welches Bassreflexöffnungen überflüssig machen soll. Wir erinnern uns, die neuen Clarity 6.2 verfügen über keine solcher „Öffnungen“. So ergeben sich weitere Vorteile – u. a. kann man die Lautsprecher so dichter an einer Wand positionieren oder unerwünschte Nebengeräusche, die ein Bassreflex-System mitbringt, treten gar nicht erst in Erscheinung. Die große Wirkung wird dann über die beiden seitlich montierten Chassis erlangt, die hier als Passiv-Membran agieren – ähnlich wie man es aus Bluetooth-Lautsprechern einiger Hersteller kennt.
Was machen die Purifi USHINDI nun anders oder gar besser? Technisch beschrieben soll dafür gesorgt werden, dass die Membran viel kontrollierter agiert und keine ungewollten Schwingungen erzeugt, die auf das restliche Chassis-Konstrukt übertragen werden. So möchte man ungewollte Verzerrungen weiter verringern und das Auslenkungsverhalten der Schwingspule zugleich erhöhen. Im Umkehrschluss soll das ein vergleichsweise breites Frequenzband bedeuten, was von der überschaubaren Membranfläche, aber dennoch in soliden Tieftonergebnissen honoriert werden möchte.
Unabhängig von technischen Detailbetrachtungen sehen die Lautsprecher hervorragend aus und sind auch erstklassig verarbeitet worden. Der Materialmix wurde sehr gut gewählt und der geneigte Kunde bekommt einen technischen sowie auch optischen Leckerbissen an die Hand, der keinesfalls altbacken wirkt. Mittels der beiden anderen Farbausführungen präsentiert sich der Lautsprecher ohnehin nochmal mit anderen Charakterzügen und prädestiniert ihn auch für modernes Wohnambiente.
Das Anschluss-Terminal kennen wir ja schon von anderen Produkten aus dem „Nordic HiFi-Verbund“. Bei den Lautsprechern von Argon Audio verwendet man diese ebenfalls und verzichtet zudem gleichermaßen auf Schraubverschlüsse – Bananenstecker sind also unumgänglich.
An dieser Stelle sei auch der Hinweis zur Hersteller-Webseite erlaubt. Hinter besagtem Weblink befindet sich noch ein ausführliches Deep Dive Dokument. Auf der nächsten Seite geht es dann weiter mit dem Praxischeck bzw. dem Klangtest.
Unscheinbar stehen die beiden kompakten Schallwandler im Raum. Wer es optisch etwas anders mag und direkt auf Standfüße vom Hersteller setzt, der kann diese auch direkt dort ordern. Die abgebildeten stammen aus dem Redaktionsfundus. Angeschlossen an solide Vinyl-Technik sowie potenter NAD-Hardware in Form des C399 ging es dann in die Beschallung. Der erste Aha-Effekt bei der Grundbeschallung fiel doch mehr als groß aus. Sollen das wirklich Kompaktversionen sein?
Bei der Aufstellung verzeihen die beiden Dänen auch eine nicht perfekt ausgerichtete Positionierung auf den Sweet Spot, was ja letztlich auch einer der Stärken sein soll. Und ja, das ist es absolut. Auch die Sitzplätze rechts oder links des Stereodreiecks werden überaus zentral mit einer Bühnenstaffelung belohnt. Dreht man die Speaker noch ein wenig nach außen, erhöht sich dieser Effekt und man verbreitert logischer Weise den Aufbau. In dieser Disziplin – und das gilt für alle Bereiche, egal ob Musik oder Video-Darstellung, geht das Konzept des Waveguides voll und ganz auf!
Wo wir gerade schon beim Hochtöner sind – ein klanglich ebenbürtiger Vergleich mit einem AMT Hochtöner könnten hier die ELAC Vela BS 404 (zum Test) darstellen, die preislich als auch vom Volumen her auf Augenhöhe agieren. Diese kleinen Kraftprotze wären als direkter Konkurrent im Bereich des Auflösungsverhaltens, der Bass-Performance und Bühnenstaffelung anzusehen. Jene Lautsprecher hatten Anno 2023 das Suffix unserer Referenz im Preisbereich von bis zu 4000 Euro erhalten. Ich kürze an dieser Stelle einmal – die Radiant Acoustics schaffen es, hier nochmal eine Schippe draufzulegen!
Doch was genau meine ich jetzt damit? Die Vehemenz, aber zugleich auch die unglaubliche Präzision in den einzelnen Frequenzbereichen, mit denen die Clarity 6.2 ihre musikalische Interpretation darstellen, ist wirklich beachtlich und überraschend zugleich. Die variablen Aufstelloptionen hatte ich schon beschrieben, dazu gesellt sich eine extrem plastische in den Raum gestellte Bühnenstaffelung mit einem großen Fächer. Müsste man sie räumlich beschreiben, lässt sich die Bühne eher etwas zurückgestellt definieren, als dass sie einem entgegenkommt. Das ist aber vollkommen in Ordnung, da sich mit jedem Musikstück ein eigener Charakter offenbart. Die Differenzierung zwischen Hoch- und Mittentonbereich könnte spür- und hörbarer gar nicht ausfallen.
Gibt man den Lautsprechern aber auch mal ordentlich Pegel, egal ob nun chillige Pop-Songs mit entsprechend knackigen Bass-Einsätzen wie bspw. bei Billie Eilish mit dem Song &burn, packen die Dänen sowas von knackig und präzise zu, dass man hier voll und ganz von einem Standlautsprecher ausgehen kann. Nun gut, das können sicher viele dieses Genres – wir erinnern uns aber gern nochmal an die geschlossene Bauweise zurück, die ohne Bassreflexöffnung auskommt. Manch einem Hörer könnte dies auch eine Spur zu präsent sein und das Wohlwollen nach etwas weniger Tiefgang ist nicht auszuschließen. Hier gilt, wie immer - Probe hören!
Die Vorteile bei der Aufstellung sind nicht von der Hand zu weisen und dürfte die Schallwandler für viele Kunden interessant machen, die bislang gewissen wohnlichen Restriktionen unterliegen sind. Und nein, es handelt sich nicht um Testosteron gesteuerte Lautsprecher, man muss es klar sagen, die Clarity 6.2 im Paarverbund sind hervorragende Feingeister mit perfekter Leistungsabstimmung.
Mehr gibt es fast gar nicht mehr zu sagen, alles Weitere würde nur in weiteren Superlativen münden. Ich empfehle daher einen Klangcheck, sofern die Möglichkeit besteht, um sich dann selbst davon zu überzeugen. Kommen wir auf der nächsten Seite zum finalen Fazit.
Mit Radiant Acoustics geht ein weiterer dänischer Brand an den Start, der aus der geistigen Feder von Peter Lyngdorf und seinem Team stammt. In der Art und Weise, wie die Positionierung erfolgt ist, kann man mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass es auch noch weitere bzw. größere Lautsprecher-Ausführungen geben wird.
Der konzeptionelle Aufzug, das Produkt-Design und die Verarbeitung sind erstklassig zu bewerten und hält für (fast) jeden Geschmack die passende Ausführung bereit. Ob nun etwas rustikaler als bei den vorgestellten Versionen, oder Schwarz und Weiß, es dürfte sich das richtige Modell finden lassen. Was ist noch wichtiger als die Optik? Natürlich das Leistungsvermögen! Genau jenes kann als hervorragend mit leichtem Hang zu „überragend“ beschrieben werden. Die audiophilen Ansätze und das Dargebotene überschreiten vieles in diesem (Preis)-Segment. Das markant positiv vernehmbare Auflösungsverhalten ist dabei einer der prägsamsten Aspekte gewesen, der sich direkt neben der Tiefton-Performance einordnet. Aber auch die zahlreichen technische Detailarbeiten, wie zum Beispiel das geschlossene Gehäuse-Konzept offenbaren für den einen oder anderen Aufstellmöglichkeiten, die nicht immer pauschal gegeben sind.
In Summe lässt sich nur eine absolute Empfehlung aussprechen, die von einem neuen Marktbestreiter, über den Geheimtipp bei hin zu unserer neuen Referenz in Preisbereich von bis zu 4000 Euro landet. Einen besseren Einstand kann man sich kaum vorstellen!
Radiant Acoustics Clarity 6.2