Test: Yamaha YH-L700 Kopfhörer

yamaha yh l700 newsMit dem YH-L700 schauen wir uns heute den neuen Flaggschiff-Kopfhörer aus dem Hause Yamaha an, wenn es um kabellose Bluetooth-Ohrhörer geht mit aktiven Noise Cancelling. Mit solchen Schlagwörtern wie 3D Sound Field oder Advanced Listening Care möchte sich das Topmodell von der Konkurrenz absetzen und die folgenden Zeilen werden Klarheit bringen, ob das gelungen ist. Viel Spaß beim Lesen!

 

 

Yamaha greift mit den YH-L700 die Apple AirPods Max an (Apple AirPods Max Langzeit Review), denn neben den eher üblichen Ausstattungsmerkmalen wie Noise Cancelling oder dem aptX Codec, bringen die Japaner noch eine 3D Sound Field Funktion mit, die sich auf die jahrelange DSP-Erfahrung in den AV-Receivern von Yamaha begründet und ein räumliches Erlebnis erschaffen soll. Aber auch eine Headtracking Funktion ist an Bord, welche eine räumliche Bewegung innerhalb eines Audiosignals ermöglichen soll, in dem man den Kopf dreht, ändern sich die Soundstage dementsprechend. Hört sich alles sehr spannend an, aber bevor wir uns dem praktischen Teil widmen, erstmal ein paar Worte zum Kopfhörer selbst. 

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Geliefert wird der 549,- Euro (UVP) teure Kopfhörer in einer ansprechenden Verpackung, die neben dem Kopfhörer selbst auch ein stabiles Hardcase für den Transport beinhaltet. Dazu gesellen sich ein Flugadapter, ein analoges Klinkekabel, denn der Kopfhörer kann vollständig passiv genutzt werden und ein Ladekabel USB-A auf USB-C.

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Optisch versprüht der Yamaha Ohrhörer eher einen Retro-Charme und wirkt weniger als Lifestyle-Produkt, was den Fokus der Zielgruppe der Japaner unterstreicht. Das soll kein Spielzeug sein, sondern Enthusiasten ansprechen. Mich erinnert der Stoff ein wenig an alte Porsche oder Golf-Sitze mit ihren Stoffeinsätzen, was ja wieder total in Mode ist und somit vom Style für den Yamaha spricht.

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Kombiniert wird das mit Kunstleder und Kunststoff. Ersteres verleiht dem Kopfhörer eine wertige Optik und letzteres die Robustheit und durch die matte Oberfläche fügt sich dieser auch dem positiven Eindruck der Verarbeitung. Die Ohrmuscheln sind solide aufgehangen, die Mechanismen ermöglichen eine lockere Anpassung an die Kopfform. Beim Kopfband setzt man auf eine metallische Verstellung, was die Langlebigkeit unterstützt und einen weiten Spielraum der Kopfgröße ermöglicht. Oberfläche und Polsterung sind Yamaha sehr gut gelungen, sodass der Kopfhörer als sehr angenehm auf den Ohren empfunden wird, nicht zu straff sitzt, dass es schmerzt nach Stunden, aber auch nicht zu locker, dass er gleich runterfällt, wenn man sich bückt. 

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Für die Bedienung sitzen am Kopfhörer physische Tasten, denn Yamaha verzichtet auf eine Touch-Oberfläche, wäre bei den in Textil eingehüllten Ohrmuscheln auch nicht möglich gewesen. Auf der Lederfläche der rechten Ohrmuschel sitzt die Lautstärkeregelung wie auch die Musik- oder Telefonie Steuerung. Auch befindet sich auf der Ohrmuschel der 3D Sound Field Schalter, der sich aktivieren lässt, durch längeres gedrückt halten und durch die sieben Modis sich durchschalten lässt, wenn man nur kurz drückt.

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Auf der anderen Seite sitzt der ANC-Button für das Aktivieren bzw. Deaktivieren der Geräuschunterdrückung, aber auch Ambient Aware lässt sich damit durchschalten. Für meinen Geschmack lassen sich die Tasten schlecht erfühlen, da keine Oberflächenstruktur eingearbeitet wurde und sie auch fast bündig im Gehäuse sitzen. So wird die "blinde" Bedienung etwas zum Geduldsspiel. 

 


 

 

Praxis- und Klangcheck

Eingerichtet ist der Kopfhörer schnell mit dem Smartphone, verfügt aber über kein Fastpair, so dass manuell nachdem Yamaha YH-L700 im Bluetooth-Menü gesucht werden muss. Die App von Yamaha ist sehr einfach gehalten und liefert leider zu den einzelnen Menüpunkten keine wirkliche Erklärung. Eine Info was sie bewirken wäre hier hilfreich gewesen und auch eine stufenlose Verstellung der NC-Funktion hätte ich begrüßt, diese lässt sich aber nur aktivieren oder eben deaktivieren. Wo ich gerade beim ANC bin. Die Geräuschunterdrückung funktioniert gut, ist aber nur Durchschnitt, bringt ein geringes Grundrauschen mit und hat mich für diese Preisklasse etwas enttäuscht. Selbst mein Bose 700NC war da effektiver unterwegs und bietet zudem eine 11stufige Verstellung der Geräuschunterdrückung. 

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Das Feature Listing Optimizer analysiert die Dichtheit am Ohr sowie den Luftdruck innerhalb des Hörers. Alle zwanzig Sekunden soll laut Yamaha die Elektronik die Messergebnisse überprüfen und darauf die Wiedergabe optimieren. Klingt fantastisch, in der Praxis aber ist kein wirklicher Unterschied zuhören. Die Kopfhörer sitzen von Hause aus schon sehr gut und ob jetzt der Luftdruck den Klang verfälscht oder eben nicht, konnte ich nicht feststellen. Ob aktiviert oder eben nicht, in beiden Modi klingt der Kopfhörer gleich. Ähnlich verhält sich das mit dem Advanced Listening Care. Diese soll laut Yamaha in Echtzeit anhand von Daten aus den letzten 5 Sekunden die Optimierung der Lautstärke vornehmen.  Alle 0,7 ms wird der Lautstärke-Durchschnitt berechnet. Die Korrektur wird über einen 4-Band-EQ vorgenommen und richtet sich adaptiv nach der durchschnittlichen Lautstärke. Hört sich aufwändig an, bewirkt aber nicht viel im Alltag. Klingt eher wie eine Loudness-Funktion, wenn man leise Musik hört. Aber bei höheren Lautstärken konnte ich auch hier keine wirklichen Unterschiede wahrnehmen.  

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Wirklich positiv überrascht hat mich der 3D Sound Field Modi und dessen vordefinierten sieben Presets. Zur Verfügung stehen Cinema, Drama, Music Video, Concert Hall, Outdoor Live, Audio Room und Background Music. Mit zugeschalteten 3D bekamen Musikstücke oder auch Videos eine tiefere Bühne, man hörte einen angedeuteten Raum um sich und der DSP erschuf eine leichte Distanz zwischen Ohr und Schall, wie man es von Lautsprechern eigentlich nur kennt. Bei normaler Musikwiedergabe eher wenig förderlich, da man diese im Stereo genießen möchte und der Effekt auch kaum präsent ist. Aber schon beim Abspielen von Kinotrailern oder Live-Konzerten vermittelte der DSP eine hörbare Tiefe in der Soundkulisse. Wenn man den Kopfhörer jetzt mit einem TV koppelt, in meinem Fall mit einem Panasonic HZW1004, machen hochwertige Filmproduktionen richtig Spaß und man bekommt eine echte Surrounddarstellung geboten. Wunder darf man jetzt nicht erwarten, aber für einen Kopfhörer ist die räumliche Darstellung schon beachtlich, wenn das richtige Zuspielmaterial zum Einsatz kommt. Manche Streaming-Dienste bieten ja mittlerweile auch 3D Audiofiles an, aber das wirkt alles noch etwas in der Entwicklung und nicht wirklich ausgegoren. Spannend ist dieses Feature aber alle mal. Genauso wie das integrierte Headtracking. Dieses schaltet man ein, wenn man zentral auf den Bildschirm schaut, damit der Kopfhörer den mittigen Referenzpunkt bestimmen kann und dann wird das Soundsignal durch Bewegen des Kopfes im Raum dementsprechend verschoben. Also schaut man nach links, hört man den größten Anteil des Tons auf dem rechten Ohr etc. So kann man sich im Klangbild bewegen, was ein cooles Feature ist und in Verbindung mit Virtual-Reality-Anwendungen sicherlich einen sinnvollen Anwendungszweck besitzt. Im normalen Alltag verpufft es dann leider zu einem Gimmick, denn einen wirklichen Nutzen kann man daraus nicht ziehen und auf Dauer nervt es dann auch, wenn sich ständig die Audiokulisse verändert. Aber es funktionierte größtenteils einwandfrei, nur manchmal verlor der Kopfhörer die Mitte aus den "Ohren" und man musste eben den Kopfhörer neu zentrieren.

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Klanglich ist der Yamaha YH-L700 ein Brett, das kann man nicht anders sagen. Aber eher in Richtung dem Motto von Markus "Ich mach Spaß, Ich geb Gas". Der Ohrhörer ist unglaublich dynamisch unterwegs, leicht bassbetont, geht brutal tief runter und liefert auch im Tiefbassbereich eine stimmige Performance ab. Der Treiber lenkt so weit aus, dass bei maximaler Lautstärke und heftigen Bassattacken der Kopfhörer auf dem Kopf vibriert. Klasse ist dabei, dass er die Kontrolle nie verliert, sondern immer sehr präzise agiert, egal wie laut man den Pegel einstellt. Gleiches gilt aber auch für das Auflösungsvermögen und die Stimmenwiedergabe. Neben Spaß kann der Japaner aber auch emotional und liefert auch bei den großen Künstlern der Welt eine klasse Soundkulisse, welche mit vielen Details aufwarten kann. Auch wenn der Bluetooth Codec aptX unterstützt wird, sein volles Potenzial entfaltet der Yamaha erst, wenn man ihn an einen wertigen DAC per Kabel verbindet, denn dann fällt die letzte Hürde der Audiokompression und der Ohrhörer spielt groß auf. Ob feine Klänge eines Pianos von Alcia Keys, die gewaltige Stimme einer Christina Aguilera, oder Gitarrenriffs von James Hetfield. Musik steckt in der DNA des Kopfhörers, er seziert sie nicht bis ins letzte Quäntchen, sondern ist homogen abgestimmt, mit einer leichten Dominanz im Bassbereich, die entweder Spaß macht, hochemotional ist oder zum Träumen verleitet. Wirklich eine eindrucksvolle Vorstellung. Eigentlich würde ich jetzt noch meckern, dass es keine Klangregelung gibt in der App, aber in diesem Fall hat sie mir irgendwie nie gefehlt, denn die Grundabstimmung ist Yamaha klasse gelungen, zumindest für meine Ohren. Abschließend noch ein paar Worte zur Akkulaufzeit. Yamaha gibt hier mit aktivierten ANC um die 34 Stunden an. Knapp unter 30 Stunden konnte ich erreichen, mit zugeschaltetem 3D Sound Field fällt dann die Akkulaufzeit rapide ab und ich kam auf knapp 9 Stunden. Der DSP braucht anscheinend ordentlich Strom. 

 

 


 

 

Fazit

Mit dem Yamaha YH-L700 wollten die Japaner den großen Coup landen, gänzlich gelungen ist es nicht. Bei der Verarbeitung gibt es nichts zu meckern, die Kombination aus Stoff, Leder und Kunststoff wirkt optisch gelungen und verleiht auch beim Tragen des Kopfhörers einen hohen Komfort. Die physischen Bedientasten bietet viele nützliche Funktionen direkt am Kopfhörer, sind aber schwer identifizierbar wenn der Kopfhörer auf dem Kopf sitzt. Der hohe Tragekomfort wird auch durch eine lange Akkulaufzeit unterstützt, die bis zu 30 Stunden durchgehalten hat. Nutzt man aber die 3D Funktion oft, sinkt diese rapide auf ein Drittel der Spielzeit.

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Klanglich überzeugt der Kopfhörer mit einer hervorragenden Soundkulisse, die viel Power besitzt aber dabei nicht die Details vergisst. Auch die Pegelmöglichkeiten sind beeindruckend, vor allem weil der Kopfhörer selbst bei hoher Lautstärke souverän durch die Soundkulisse sich ackert. Etwas enttäuscht war ich von dem Noise Cancelling, dass sich eher im guten Durchschnitt bewegt aber mit Platzhirschen wie Bose nicht mithalten kann. Auch die beworbenen Features Listing Optimizier oder Advanced Listining Care versprechen mehr, als im Alltag wirklich davon wahrnehmbar ist. Interessant ist die 3D Sound Field Funktion wie auch das Headtracking. Auch wenn es aktuell noch nicht  ausgereift wirkt, zeigt es eine neue Hördimension auf, die es auch Kopfhörern ermöglicht, eine räumliche Wirkung zu erzielen bzw. sich in einem Raum zu bewegen. Bei Filmen, Trailern oder Spielen ist der 3D Effekt hörbar, es entsteht eine echte Tiefe in der Soundkulisse, bei der Musikwiedergabe ist es dann eher kein Kaufargument. Aber es ist eben mit allen Quellen nutzbar und man schränkt das nicht wie Apple nur auf gewisse Geräte ein. 

Mit einem Kaufpreis von 549,- Euro (UVP), der Straßenpreis liegt aktuell schon deutlich unter 500,- Euro (Stand: August 2022) ist der Yamaha YH-L700 ein teures Stück Technik. Man erhält einen erstklassigen Kopfhörer, der noch mit weiteren interessanten Features aufwarten kann aber eben nicht in allen Bereichen gänzlich überzeugt. Aufgrund der überwiegend positiven Punkte spreche ich dem Yamaha YH-L700 noch eine Kaufempfehlung aus. Man erhält hier in gewisser Weise einen Technologieträger und solch eine Entwicklung kostet nun mal Geld und ist eben nicht nur ein weiteres umgelabeltes OEM-Produkt.

 

Yamaha YH-L700 Over-Ear-Kopfhörer

Klanglich erstklassiger Kopfhörer mit einzigartigen Features, aber nur mit durchschnittlichem ANC, 11.08.2022  
Pro
  • wertige Verarbeitung
  • schicke, mal andere Optik
  • Lieferumfang inklusive Hardcase
  • hoher Tragekomfort / weiche Polsteroberfläche
  • detailliertes, dynamisches Klangbild
  • kraftvoller Bassbereich, echte Tiefbassqualitäten
  • 40mm Treiber mit breiter Frequenzbandabdeckung 
  • hohe Pegel möglich
  • 3D Sound Field erzeugt echte Räumlichkeit
  • 3D / Headtracking funktioniert mit jeder Quelle
  • aptX Codec / Bluetooth 5.0
  • sehr gute Akkulaufzeit (ohne 3D Sound Field)
  • einfache App-Unterstützung
  • Bedienung am Kopfhörer
  • per Kabel aktiver und passiver Modus
Contra
  • Noise Cancelling nur Durchschnitt / leichtes Grundrauschen
  • Bedientasten schwer zu erfühlen
  • Akku fest verbaut
  • hohes Preisgefüge
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