Mit dem JBL Live Pro+ schauen wir uns heute wieder ein True-Wireless-Kopfhörer an, welcher mit Noise Cancelling, dem JBL typischen Sound und Sprachassistenten von Google und Alexa überzeugen möchte.
Der im April diesen Jahres vorgestellte JBL Live Pro+ erweitert das ohnehin schon umfangreiche Portfolio um ein weiteres True-Wireless-Modell. Dieses kam schickt verpackt und geizt auch nicht beim Inhalt. Neben den In-Ears im Stick-Design, welche in einem matt-schwarzen Transportcase untergebracht werden, liegen dem Lieferumfang noch verschiedene Silikon-Aufsätze für die Anpassung bei.
Das obligatorische Ladekabel darf in der Aufzählung auch nicht fehlen. Letzteres ist aber nicht zwingend erforderlich, denn als Features bringt die Ladeschale eine Wireless-Charging-Funktion mit. Alternativ eben über die USB-C-Schnittstelle. Vollgeladen soll die Transportbox weitere 21 Stunden Laufzeit garantieren.
Aufbau des JBL Live Pro+ TWS (Foto: JBL)
Die Akkukapazität wird über drei weiße LEDs in der Front der Ladeschale signalisiert. JBL beziffert die Laufzeit mit sechs Stunden für die In-Ears und 18 Stunden für die Ladeschale, bei aktivierten Noise-Cancelling wohlgemerkt. Ohne sollen sieben Stunden und zusätzliche 21 Stunden möglich sein. Ich habe bei 75% Lautstärke und aktiviertem ANC nicht mehr als fünf Stunden erreicht, somit sind die sechs Stunden bei mittlerer Lautstärke glaubhaft. Praktisch ist die Schnellladefunktion. Legt man die In-Ears für zehn Minuten in die Ladeschale, sind wieder zwischen 45-60 Minuten Laufzeit drin. Eine komplette Ladung dauert ca. zwei Stunden.
Der Tragekomfort ist durch die unterschiedlichen Größen der Silikonaufsätze gewährleistet. So sitzen die knapp fünf Gramm leichten In-Ear-Sticks sicher im Gehörgang, dafür müssen sie beim Einsetzen leicht eingedreht werden. Dann ist das Tragen sehr angenehm und auch nach Stunden im Ohr nicht störend. Um den richtigen Sitz zu überprüfen, gibt es in der JBL Headphones App auch eine Art Kontrollfunktion. Mit der Funktion „Meine beste Passform prüfen“ wird mittels einer Melodie und dem innenliegenden Mikrofon überprüft, ob der richtige Silikonaufsatz gewählt wurde bzw. der Kopfhörer richtig sitzt. Ein praktisches Feature, welches auch wirklich funktioniert, wie ich feststellen durfte. Der sichere Halt in Verbindung mit der IPX4-Zertifizierung (Schutz gegen Spritzwasser) machen die Live Pro+ auch für sportliche Zwecke nutzbar.
Dazu gesellt sich ein aktives Noise-Cancelling, welches im Alltag mit guter Effektivität überzeugen kann. Straßenrauschen, monotone Geräusche oder auch Windgeräusche werden gefiltert und sind kaum noch wahrnehmbar. JBL stellt hier mehrere Stufen zur Verfügung: alltäglicher Modus, Reisemodus und den aktiven Modus. Wirkliche Unterschiede habe ich nicht feststellen können, alle arbeiten gleich effektiv. Positiv ist auch das minimale Grundrauschen zu erwähnen, welches nur ohne Audiowiedergabe wahrnehmbar ist. Sobald Musik oder andere Audiosignale abgespielt werden, ist das Grundrauschen nicht mehr existent. Um dann doch was von seiner Umwelt mitzubekommen, hat JBL noch eine sogenannte Ambient Aware Funktion integriert, welche die Umgebungsgeräusche durch die Außenmikrofone durchschleift, um Gespräche mit Mitmenschen zu führen oder Ansagen auf einem Bahnhof bzw. Flughafen nicht zu verpassen. Praktisch und sinnvoll, wenn man die Kopfhörer nicht jedes Mal herausnehmen möchte. Für die Audiowiedergabe ist ein 11mm dynamischer Treiber verantwortlich, welcher den typischen JBL Signature Sound abbilden soll. Ob das gelingt, klärt sich auf der folgenden Seite.
Eingerichtet sind die Kopfhörer schnell, denn bis auf die Kopplung mit einem entsprechenden Smartphone oder anderen Zuspieler muss nichts unternommen werden. Dank der Google-Schnittstelle erkennt das Smartphone auch automatisch, das ein Kopfhörer bereitsteht und Überraschung, das Smartphone verband sich kurz darauf mit den Kopfhörern. Voraussetzung ist natürlich, dass der Google Assistent installiert ist. Wer lieber Amazons Alexa als Sprachassistenten nutzen möchte, muss auch hier nur die App vorher installiert haben und dann den Kopfhörer unter Einstellungen konfigurieren. Wir haben uns aber aufgrund der weiten Verbreitung für die Google-Variante entschieden. Die Symbiose aus Musikwiedergabe und Sprachassistenten ist im Alltag sehr hilfreich und mit einem einfachen „Hey Google“ kann man auch ohne Berühren des linken Ohrhörers mit dem Assistenten in Kontakt treten. So verpasst man keine eingehenden Nachrichten mehr. Hört man gerade sein Lieblingsalbum und es trifft eine neue Nachricht ein, wird man darüber informiert und kann sich diese auch gleich vorlesen lassen. Dabei wird die Musik aber nicht gänzlich gestoppt, sondern läuft leicht gedämpft im Hintergrund weiter. Erst beim gewünschten Vorlesen der Nachricht unterbricht Google die Musikwiedergabe, spielt danach aber nahtlos weiter.
Wer möchte, kann dem Sprachassistenten auch eine Antwort auf die Nachricht diktieren. Aber nicht nur das Vorlesen von Nachrichten ist möglich. So kann der Kopfhörer auch als Audioguide im Urlaub fungieren. Wer bspw. Informationen zu gefundenen Sehenswürdigkeiten oder eine Route zum nächsten Bahnhof benötigt, legt den Finger auf den linken In-Ear-Stick, wartet kurz auf den Signalton und formuliert Fragen wie „Wie heißt die Sehenswürdigkeit an meinem Standort?“ oder „Wie komme ich wieder zu meinem Hotel?“ und Google sucht die passenden Informationen heraus, erstellt die beste Bahn-Verbindung, informiert über aktuelle Abfahrtzeiten und startet vollkommen automatisch auch die Navigation zum nächsten Bahnhof.
Ich mach das jetzt schon ein paar Jahre und habe den Anfang dieser Sprachassistenten als Technik-Redakteur voll miterlebt und bin jedes Mal aufs Neue begeistert und zugleich schockiert, wie leistungsfähig die Entwicklung voran geht und wie diese Assistenten mittlerweile einem unter die Arme greifen können. Sicherlich muss man dafür auch einiges in Kauf nehmen, immer den aktuellen Standort mit Google zu teilen, das die Abfragen, Nachrichten, Musik-Gewohnheiten etc. irgendwo im Datensumpf der Welt gespeichert werden. Wer aber mit der „gläserner Mensch“ Problematik keine Berührungsängste hat, dem steht der smarten Unterstützung im Alltag nichts mehr im Wege. Denn es funktioniert erschreckend gut. Aber zurück zum Kopfhörer.
Akkuzustand der Ladeschale wird über drei LEDs dargestellt
Um in den Genuss des vollen Funktionsumfang des Kopfhörers zu kommen, musste ich noch eben die JBL Headphones App aus dem Playstore runterladen. Auch hier müssen beim ersten Start diversen Datennutzungsrichtlinien zugestimmt werden, leider üblich und auch die Standortabfrage ist mit der Bluetooth-Nutzung unumgänglich verknüpft. Die App selbst ist sehr übersichtlich gehalten und bietet mit ihrer JBL-typischen orangen Farbgestaltung eine gute Lesbarkeit sowie den schnellen Zugriff zu den wichtigsten Funktionen. Neben der Anzeige des Akkuzustandes für alle drei Geräte: linker- und rechter In-Ear und der Ladeschale, lässt sich hier auch das ANC, also das Noise-Cancelling in den schon erwähnten Modi regeln. Die Steuerung der Kopfhörer ist auch intuitiv gelöst und kann in der App angepasst werden. Dafür stehen am rechten und linken Ohrstöpsel berührungsempfindliche Oberflächen zur Verfügung, die einfache Funktionen wie Lautstärkeregelung, Musiksteuerung oder die Rufannahme steuern können. Auch der schon erwähnte Sprachassistent ist über berühren aufrufbar.
Bei der Audiowiedergabe hat mich der JBL Live Pro+ positiv überrascht. Auch wenn der JBL typische Sound, viel Dynamik und satter Bassbereich, auch beim Live Pro+ nicht von der Hand zuweisen ist, überzeugen die Kopfhörer auch mit einem sehr ansprechenden Auflösungsvermögen. Beim Song Never enough von Loren Allred ist die Stimmenwiedergabe sehr emotional angehaucht, so das Gänsehaut garantiert ist. Wirklich beeindruckend und völlig unerwartet, auch wenn der Kopfhörer minimal übertreibt im Hochtonbereich. Das zeigt sich an teilweise spitzen Tönen, gerade bei höheren Lautstärken. Auch bei Brick by brick von Katy Perry sind die „S“ Laute teilweise etwas zischelnd abgebildet, was die Wiedergabe für den einen oder anderen anstrengend werden lassen kann. Das lässt sich auch mit dem guten Equalizer nicht komplett vermeiden, aber etwas reduzieren.
Größenvergleich: links JBL Live Pro+ TWS - rechts: JBL Tune 225 TWS
Wird es heftig, wie bei Till I Collapse von Eminem, fällt das aber kaum ins Gewicht, denn der fette Beat scheppert so heftig, dass der Song einfach nur genial ankommt. Dynamik, Tiefgang sind klare Stärken des Kopfhörers, aber kontrolliert, ohne alles zu dominieren, sodass dem Rap-Gesang und den restlichen Elementen ausreichend akustischer Platz eingeräumt wird. Das hört sich nicht nur stimmig an, sondern macht Spaß und wirkt ausbalanciert. Wer es auf die Spitze treiben möchte, wählt die vordefinierte „Bass“ Einstellung und dann zeigen die In-Ears was in ihnen steckt. Das ist sicherlich nicht gesund für die Ohren, aber gerade Tracks wie Hyperricum von Luca Agnelli leben davon. Es ist beängstigend als nach 60 Sekunden der Beat richtig einsetzt, wie kraftvoll aber kontrolliert der Bass bis zu den höchsten Pegeln präsentiert wird. Das ist auf Dauer sicherlich nicht gesund, aber geil. Klanglich ist der JBL Live Pro+ gut unterwegs, bis auf seinen minimal überspitzen Hochtonbereich, agieren die In-Ears sehr gut abgestimmt, überzeugen mit einem unglaublichen Tiefbass, viel Dynamik und guten Auflösungsvermögen. Das macht ihn für jedes Musikgenre nutzbar, aber meine Empfehlung liegt dann doch eher im spaßigen Bereich.
Abschließend kann ich festhalten: Der JBL Live Pro+ hat mich klanglich wie auch praktisch abgeholt. Neben einer guten Verarbeitung und sinnvollem Lieferumfang, hat mich das Noise Cancelling mit seiner Effektivität überzeugt. Dazu gesellt sich ein praktischer „Gesprächsmodus“, eine ausreichende Akkulaufzeit und eine gelungene App mit vielen Funktionen, darunter der gute Equalizer, der positiv heraussticht.
Klanglich ist der Kopfhörer eine Wucht und das im wahrsten Sinne des Wortes. Freunde des gepflegten Tieftons werden mit dem Kopfhörer ihren Spaß haben. Aber darauf will ich ihn gar nicht reduzieren. Die Abstimmung im Gesamten ist gelungen, Dynamik, Punch, Stimmenwiedergabe und Auflösungsvermögen ergänzen sich bzw. machen das Klangbild rund. Einzig der minimal überspitzte Hochtonbereich, der mal hier und da, mal etwas mehr oder mal etwas weniger in den Vordergrund trat, wäre der einzige Kritikpunkt dem ich den JBL Live Pro+ ankreiden muss.
Mit einer UVP von 179,- Euro gehören die JBL Live Pro+ schon in das Premium-Segment, überzeugen aber auch in allen Bereichen und somit haben sie sich unsere Top-Produkt-Auszeichnung verdient. Im Übrigen, wem die schwarze Farbgebung nicht zusagt, der kann die JBL Live Pro+ auch in den Farben Weiß, Pink und Beige erwerben. Erwerben kann man die In-Ears u.a. bei Amazon.
JBL Live Pro+ TWS Kopfhörer