Rezension des Films: Hereditary - Das Vermächtnis. Einer der ungewöhnlichsten Horrorfilme der letzten Jahre erwartet uns. Abseits der großen Städte wohnt die Familie Graham ziemlich abgeschieden in einem Holzhaus am Waldrand. Soeben ist Großmutter Ellen gestorben. Zurück bleiben Tochter Annie, Schwiegersohn Steve und die beiden Enkel Peter und Charlie. Annie empfand ihre Mutter stets als verschlossen und fürchtet (...)
Trailer zu Hereditary - Das Vermächtnis
Charlie legt durchaus merkwürdige Verhaltensweisen an den Tag. Abseits der großen Städte wohnt die Familie Graham ziemlich abgeschieden in einem Holzhaus am Waldrand. Soeben ist Großmutter Ellen gestorben. Zurück bleiben Tochter Annie, Schwiegersohn Steve und die beiden Enkel Peter und Charlie. Annie empfand ihre Mutter stets als verschlossen und fürchtet, ihr auf der Grabrede nicht gerecht zu werden. Sollte sie stärker trauern? Trost und Ablenkung findet sie in ihrer Arbeit, dem Erschaffen von Miniaturmodellen. In etwas über sechs Monaten will sie mit diesen eine Ausstellung unter dem Titel „Small World“ eröffnen. Doch dann mehren sich plötzlich seltsame Geschehnisse. Annie und Tochter Charlie sehen Ellen als Geistererscheinung. Annie beginnt zu schlafwandeln. Und dann passiert das Unfassbare… Nach wie vor ist es erstaunlich, wie erfolgreich das Horrorgenre in den letzten Jahren vor allem auch im Kino war.
Gerade weil es immer wieder Geschichten gab, die sich abseits vom Klischee-Grusel à la Haunted House/Mockumentary/Torture oder Found Footage bewegten. So war es bei Get Out oder auch vor einigen Monaten beim genialen A Quiet Place. Mit Hereditary gesellt sich nun ein weiterer Kandidat hinzu, der mit ungewöhnlicher Story und noch ungewöhnlicherer Optik punktet. Das Kinofilmdebüt vom bisherigen Kurzfilm-Regisseur Ari Aster begeisterte nicht nur die Kritiker, sondern lief auch schon erfolgreich auf dem Sundance- und auf dem South-by-Southwest-Festival. Wie ungewöhnlich Hereditary ist, zeigt er schon zu Beginn: Da wird eine Todesanzeige eingeblendet, die genauso auch in einer Zeitschrift abgedruckt hätte erscheinen können. Keine großen Bilder von der verstorbenen Mutter Ellen, sondern vollendete Tatsachen. Das Bild der Anzeige wird untermalt von einem langsam anschwellenden Gruselgeräusch, das bei der Einblendung der ersten Realszene schlagartig abgelöst wird.
Dumpfe Geräusch dringen ans Ohr, während man die Miniatur-Modell-Werkstatt von Annie gezeigt bekommt. Dunkel klingende Streichinstrumente setzen ein, ein rhythmisches Klacken und die Kamera taucht in eins der Miniaturzimmer eines der maßstabsgerechten Häuser ein. Scheinbar unmerklich wird der kleine Raum zur Realität. Steve tritt in dieses Zimmer und weckt seinen Sohn Peter. Man merkt schon in dieser ersten Sequenz, dass Hereditary auf verschiedenen Ebenen spielt. Dass er diese Miniaturwelt nicht nur als Objekt schildert, sondern als Inhalt. Oft wirkt es, als fühle sich Annie ebenso statisch und unbeweglich wie die Puppen, die sie für die kleinen Räume anfertigt. Und weil die Kamera-Optiken geschickt genutzt werden, verschwimmen die Grenzen immer wieder auf erstaunliche Weise. Dabei geht es dem Film merklich um die Psychologie der Figuren, nicht um vordergründige Schockeffekte. Wenn Jumpscares genutzt werden, sind diese wirkungsvoll platziert und dienen der Story.
Einer Story, die als schauriges Familiendrama beginnt und dann immer rätselhafter, mystischer wird. Nach gut 20 Minuten hat man das Gefühl, man ahnt, wohin die Reise geht, wenn Annie in einer Selbsthilfe-Gruppe ihr Leid klagt. Doch Hereditary überrascht immer wieder. Und das auf so intensiv-ungewöhnliche oder auch schockierende (33’35) Weise, dass auch nur bloße Andeutungen zu viel vorweg nehmen würden – es fällt entsprechend schwer, eine inhaltliche Analyse des Films zu schreiben, ohne massive Spoiler einzubauen. Wenn man sich die Spannung also erhalten will, dann sollte man nicht allzu viel bohren oder nach Antworten suchen. Vielmehr sollte man sich auf die Fragen einlassen. Auf Fragen wie: Was hat es letztlich mit den Miniaturen auf sich? Was mit den Krankheiten innerhalb der Familie?
Warum verhält sich Charlie so bizarr? Und warum macht sie andauernd dieses Klack-Geräusch mit der Zunge? Was bewirken Schmerz und Trauer? Was macht aufgestaute Wut mit einem und zu was kann ein derart tiefes Trauma führen, wie es die ganze Familie Graham erlebt? Warum wollte Annie nie, dass ihre Mutter Ellen zu nahe an Peter herankommt? Die Antworten auf diese Fragen muss man sich selbst zusammen sammeln. Der Film gibt sie (weitgehend) nicht und entlässt mit durchaus verstörenden Bildern. Verstörend ist auch die Leistung Collettes, die die Trauer, den Schmerz, die Qual und Aggression ihrer Figur dermaßen aus sich herauspowert, dass man als Zuschauer nicht nur mit dem Charakter der Annie, sondern auch mit Collette mitzuleiden beginnt.
Leiden ist übrigens ein gutes Stichwort. Denn mit Einstellungen, die manchmal so lang und ausdauernd quälend sind, dass man sich den Szenenwechsel herbeisehnt, weil man sich selbst so verwundet und verletzt fühlt, muss auch der Zuschauer Leidensfähigkeit mitbringen. Und dann ist da noch dieser Score. Diese häufig unterschwelligen Kompositionen aus bohrenden, dröhnenden oder quietschenden Geräuschen, die manchmal wirken wie ein pulsierender Herzschlag, manchmal wie ein enervierendes Industrie-Geräusch. In Verbindung mit den teils schockierenden und oft immens intensiv-schmerzhaften Bildern wird Hereditary zu einem derart heftigen Erlebnis, wie zuletzt Aronofskys mother!
Hereditary gehört zu den besten Psycho-Horror-Thrillern nicht nur der letzten Jahre, sondern überhaupt. Was Langfilm-Debütant hier bisweilen an Überraschungen und Verknüpfungen parat hält, ist ebenso faszinierend wie manchmal brutalst schockierend. Ein Film, bei dem es schwer fällt, lobende Worte zu finden, ohne zu viel zu verraten. Ein Film, der zwar nichts für Horror-Mainstream-Gucker ist, aber jeden absolut überzeugen wird, der sich gerne auch mal abseits gängiger Genre-Klischees aufhält. Und vor allem für all jene, die nach dem Abspann noch weiter rätseln wollen.
Autor: Timo Wolters - Copyright Szenenfotos: Spendid Film
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