Rachel und Anthony waren Eltern von Zwillingssöhnen. Ein Autounfall veränderte das glückliche Familienleben von jetzt auf gleich und nimmt dem Paar einen der Söhne und Elliot den Bruder. Um mit der Trauer irgendwie fertig zu werden, beschließt die so tragisch zum Trio gewordene Familie, in die alte Heimat von Anthonys Familie zu ziehen: Finnland. In einem einsam liegenden Bauwerk, das mal als Gemeindehaus diente, wollen sich die zwei mit Sohn Elliot niederlassen und ein neues Leben ohne den permanenten Schmerz der Erinnerung an Nathan beginnen.
Doch Schmerz kennt keine Landesgrenzen. Und die Sorge, dass Elliot auch etwas passieren könnte, hält Rachel fest im Griff. Bei einem Dorffest macht sie die Bekanntschaft der wunderlichen alten Helen. Helen versteht Rachels Schmerz und die zwei schließen so etwas wie Freundschaft. Allerdings benimmt sie sich auch sehr komisch und erzählt davon, dass sie von Nathan geträumt hätte. Je länger das Paar in der Abgeschiedenheit lebt, desto seltsamer benimmt sich Elliot. Zuerst spielt er nur mit einem imaginären Freund und redet mit sich selbst. Doch dann beginnt er, gruselige Bilder zu malen und sich aggressiv zu verhalten. Rachel erhofft sich Rat bei Helen. Doch was diese ihr eröffnet, ängstigt die Mutter noch viel mehr…

Taneli Mustonen ist so finnisch wie sein Name es vermuten lässt. Und weil Finnland sich als Filmland in den letzten Jahren durchaus gemausert hat (zuletzt mit Hanna Bergholms Hatching), ist es kein Wunder, dass Mustonen bereits seinen Beitrag dazu geleistet hat. Nach der Komödie Reunion (Luokkakokous), die auf dem dänischen Klassefesten basierte, hat sich der Regisseur schnell ins Genrekino begeben und dort ein Jahr später den viel beachteten Lake Bodom inszeniert. In dem Horrorthriller, der auf wahren Begebenheiten beruht, schickte er vier junge Erwachsene auf einen Horrortrip, die realen Geschehnisse nachzustellen. Punkten konnte Mustonen damals mit einer beklemmenden Atmosphäre, die vom spärlichen Einsatz der Filmmusik und den effektiven Kameraeinstellungen profitierte.

Außerdem überzeugten die Darsteller und die überraschende Wendung, die er seinem Film in den letzten 15 Minuten hinzufügte. Nach zwei weiteren Ausflügen ins Comedy-Fach kehrt der Regisseur nun ins Horrorgenre zurück und knöpft sich den Schrecken vor, der von innen kommt. In The Twin erschüttert er eine Familie mit einer schrecklichen Tragödie und beschreibt, wie sich Mutter, Vater und übrig gebliebener Sohn mit dem Verlust und der Trauer beschäftigen. Nach dem dynamischen Einstieg verlässt sich Mustonen dabei vornehmlich auf die Präsenz seiner Hauptdarstellerin. Und das erweist sich in der Folge als etwas zu wenig. Denn der Film nimmt eine durchweg gemächliche Erzählgeschwindigkeit an. Oft verbleibt die Kamera sekundenlang auf den erstarrten Gesichtern seiner Protagonisten und Actionszenen im klassischen Sinne gibt’s erst gar nicht.

Was The Twin an Tempo fehlt, versucht er mit Atmosphäre auszugleichen. Diese wiederum ist geprägt von wunderschönen Kamerafahrten über die spröde finnische Landschaft und durchaus spannenden Momenten im nächtlich-dunklen Landhaus. Dabei gelingen durchaus spannende Momente, wie jener, in dem Helen seltsamen Atemgeräuschen in ihrem Haus nachspürt. Immer wieder fühlt man sich aufgrund des Settings und der vermittelten Atmosphäre an Ari Asters Hereditary und Midsommar erinnert, die Regisseur Mustonen mit Motiven aus The Boy kombiniert. Man muss sich allerdings darauf einlassen können, dass The Twin sich wirklich Zeit lässt. Viel Zeit. Zeit, in der das Drehbuch die Darsteller etwas alleine lässt, weil es ihnen kaum Möglichkeit zur Entwicklung gibt.

Vor allem die Figur des Vaters bleibt völlig blass und klischeehaft. Ein wenig, aber auch nicht viel besser ergeht es der Hauptfigur Rachel. Die ungeschminkte Teresa Palmer, die mit spröde-brüchigen Lippen in Panik verfällt, sobald sie ihren übrig gebliebenen Sohn mal für fünf Sekunden aus den Augen verliert, spielt das hervorragend. Jede Mutter (und dafür muss man sicherlich kein Kind verloren haben) wird nachempfinden können, wie es Rachel geht und Palmer agiert absolut glaubwürdig. Immerhin darf ihr Charakter eine gewisse Entwicklung durchmachen.

The Twin wandert, angeführt von Mustonens Regie immer mal ein bisschen zwischen den Horror-Subgenres. Vom Folkhorror über den Exorzismus-Film bis hin zu okkulten Motiven reicht das Spektrum, in dem sich das Ganze bewegt. Stilistisch kann Mustonen punkten, atmosphärisch auch. Doch er konzentriert sich so sehr auf seinen finalen Story-Twist, dass er zwischendurch schlicht vergisst, seine Story voranzutreiben. Es plätschert nicht selten sehr ereignisarm dahin und die Tatsache, dass Tristan Ruggeri kein sonderlich überzeugender Kinderdarsteller ist, trägt auch nicht dazu bei, dass mehr Spannung erzeugt wird. Mit tollen Kameraeinstellungen, stimmiger Beleuchtung, einem exotischen Setting und einer guten (weil oft sträflich unterschätzten) Schauspielerin in der Hauptrolle lässt sich alleine noch kein perfekter Film realisieren, wenn die Story nicht wirklich vorwärtskommt.

Dabei hätte das Ganze durchaus Potenzial gehabt. Die Themen der unverarbeiteten Trauer, des Schuldgefühls und des Auseinanderdriftens des Ehepaares nach einem schweren Schicksalsschlag bieten genug Inhalt und Kraft, um es schauspielerisch und erzählerisch zu einem Highlight werden zu lassen. Wie beschrieben, bleibt vor allem Steven Cree als Vater fast vollkommen außen vor. Nicht nur gönnt man ihm lediglich eine einzige emotionale Szene, verhält er sich zwischendurch auch noch völlig unerklärlich ignorant gegenüber seiner Frau. Das okkulte Element des Folkhorrors versucht dann im letzten Drittel noch mal die Kohlen aus dem Feuer zu holen, verpufft angesichts der Storywendung aber praktisch völlig. Schade, denn hier wäre wirklich mehr drin gewesen.

The Twin bemüht sich um Atmosphäre und ist von Teresa Palmer wirklich leidenschaftlich gespielt. Doch wenn man seine Geschichte und die Charakterentwicklung einzig einem Storytwist unterordnet, dann fehlt zwischendurch einfach der fesselnde Moment. Freunde ähnlich gelagerter Filme dürfen einen Blick wagen, sollten aber keine neue Offenbarung erwarten. Dass Mustonen talentiert ist, beweist er hier dennoch. Und so bleibt zu hoffen, dass ich das nächste Drehbuch etwas mehr Futter liefert.
Timo Wolters
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