Für Karl Kruse ist die Welt in Ordnung, wenn er jeden Morgen im Freibad die Liegen akkurat ausrichten und den ph-Wert des Wassers penibel genau bestimmen kann. Selbstredend schließt er das Eingangstor auch erst um Punkt neun Uhr auf. Punkt neun Uhr und keine Sekunde früher!
Da kann die alte Frau Bogner noch so ungeduldig vor dem Eingang warten. Ohnehin hat die es sich bald mit Karl verscherzt, denn sie nimmt sich jeden Morgen heraus, im Kraul auf Bahn sechs zu schwimmen – im KRAUL. Wo das Kraulen dort doch verboten ist. Dass ansonsten niemand im Wasser ist, den das stören könnte, weil kaum jemand Lust auf Kruses ruppigen Umgangston hat, stört den Bade … ähm sorry: Schwimmmeister wenig. Denn: Regel ist nun mal Regel. Wer Karl kennt, der ahnt, dass er wenig begeistert darüber ist, als seine Schwester ihm ausgerechnet den jungen nigerianischen Flüchtling Sali als Hilfe unterjubelt. Wo man bei “solchen” Menschen doch immer mit Problemen rechnen kann.
Sali indes sieht den Job im Freibad als Chance. Denn er möchte mit seinem Kumpel Domek am liebsten augenblicklich wieder fliehen. Und zwar nach Kanada. Da das aber nur über Schlepper und eine hanebüchene Route funktioniert, muss Sali schwimmen lernen. Und wo kann er das besser als im Freibad. Als das aber wegen Baufälligkeit geschlossen werden soll, bricht für Karl eine Welt zusammen. Es gibt nur eine Möglichkeit, das Bad davor zu bewahren, dass Bauherr Dengler auf dem Gelände teure Wohnungen errichten kann: Ein Bürgerbegehren. Doch woher will er Unterschriften bekommen, wo ihn doch niemand im Dorf leiden kann? Vielleicht muss er sich ja doch mit Sali zusammen raufen, um etwas zu erreichen …
Wer früher stirbt, ist länger tot, Schwere Jungs und Wer’s glaubt, wird selig – die Filme von Marcus H. Rosenmüller sind nicht nur beliebt, sondern auch deutschlandweit erfolgreich (allein die drei genannten versammelten gut 2,8 Mio. Zuschauer in den Kinos). Und das, wo in Rosenmüllers Werken oft und gerne Mundart gesprochen wird. Bayerische Mundart, um genau zu sein. Seine Schöpfungen, für die er selbst auch oft das Skript beisteuert, sind bisher stets als Mischung aus Komödie, Heimat- und Historienfilm verortet gewesen und wenn es sein muss, schreibt er auch mal dem Tod sein eigenes Drehbuch (Vilsmaiers Vermächtnis: Der Boandlkramer und die ewige Liebe).
Mit Beckenrand Sheriff verlässt er sich dieses Mal allerdings auf die Vorlage eines anderen: Marcus Pfeiffer. Was keineswegs schlecht ist, denn das Drehbuch ist – abgesehen von ein paar Überfrachtungen – wirklich gut. Was rein vom Titel her erst einmal etwas abschreckend wirken könnte, schert sich im Laufe der 115 Minuten Spielzeit relativ wenig um gängigen Humor deutscher Kinofilme. Oft fühlt man sich eher an die gute Zeit amerikanischer Slapstickkomiker wie Jerry Lewis oder Stan Laurel und Oliver Hardy erinnert – beispielsweise, wenn im Hintergrund schräge Unfälle mit Aufsitzrasenmähern zu absurden Stunts führen. Außerdem lugt permanent ein gewisser Louis de Funès um die Ecke, der dann bei Minute 62 auch noch ganz offen und ehrlich zitiert wird: “Nein, doch … Oooooh!”
Beckenrand Sheriff bemüht natürlich sämtliche Klischees, amüsiert sich bisweilen aber köstlich über selbige. Und selbst wenn man das Thema Völkerverständigung und Toleranz schon des Öfteren in Filmen gesehen hat, so wird das hier sehr charmant aufbereitet. Wenn der deutsche Spießbürger in Person von Karl Kruse auf den Asylbewerber Sali trifft, nimmt der Film die Thematik glücklicherweise nicht allzu ernst und schafft es sogar, gewisse Schubladen gar nicht erst zu öffnen. Wenn Karl beispielsweise von “Leute wie ihr” spricht, unterwandert Beckenrand Sheriff den typischen Alltagsrassismus gekonnt. Das gelingt aber auch deshalb so gut, weil sich Rosenmüller auf eine tolle Darstellerriege verlassen kann.
Man kann sich eigentlich niemand anderen als Milan Peschel in der Rolle des “Schwimmmeisters in zweiter Generation” vorstellen. Wenn seine Augen im Angesicht von Freibadvergehen schockiert auf Golfballgröße mutieren; wenn er (teils peinlich betreten, teils entschlossen) erst um Punkt neun Uhr den Schlüssel im Eingangstor dreht; wenn er entschlossen die Liegen gerade rückt oder etwas ungelenk mit der langen Reinigungsstange auf Entenjagd geht, dann weiß man, dass Peschel zu den komödiantischen Ausnahmetalenten des deutschen Kinos gehört. Und das eben auch, weil er in der Lage ist, neben den komischen Tönen auch die ernsten oder bewegenden zu treffen. Denn abseits des Klamauks ist Beckenrand Sheriff auch eine Geschichte über Freundschaft. Es gibt diesen Moment, in dem Kruse vor eine schwierige, ja fast unmögliche Wahl gestellt wird und sich selbstlos entscheidet. Das alleine rührt zu Tränen, wird aber noch übertroffen von der nächsten Szene, in der Karl und Sali aufeinandertreffen und nicht so recht wissen, wie sie sich ihre gegenseitige Zuneigung zeigen sollen.
Vielleicht macht Beckenrand Sheriff ein paar Schauplätze zu viel auf und wirft auch noch eine etwas unnötige Vater-Tochter-Verständigungs-Geschichte hinein; vielleicht hätte man ihn um 10-15 Minuten entschlacken können und es wäre noch kurzweiliger zugegangen. Und vielleicht ist die Dramatik in der Flüchtlingsszene mit den Schleppern tonal nicht ganz treffend. Aber diese Mankos werden durch so viele kleine und witzige Details wettgemacht, dass man dem Film dafür kaum böse sein kann. Alleine für das typische Quietschgeräusch der Adiletten muss man Rosenmüllers Komödie lieben. Und wenn Sali, der grundsätzlich eher gebrochen Deutsch spricht, auf die “Hamma-und-Samma”-Fragen der Polizisten (großartig: Thomas Schmauser und Justine Hauer) entwaffnend ehrlich auch mit “Hamma” und “Samma” antwortet, ist das einfach brüllkomisch.
Auch deshalb übrigens, weil der gebürtige Jamaikaner Dimitri Abold unglaublich charmant agiert und seine Flüchtlingsfigur des Sali niemals der Lächerlichkeit preisgibt. Es gehört schon eine Portion Selbstbewusstsein und Können dazu, eine vermeintliche Klischeerolle so souverän zu meistern. Und wer selbst dann noch nicht zum Fan von Beckenrand Sheriff geworden ist, der wird’s sicherlich, wenn Frau Bogner zwei schlagende Argumente gegen die Maßregelungen von Schwimmmeister Kruse aus dem Wasser streckt, die Peschel womit natürlich kontert: Mit weit aufgerissenen Augen und Louis de Funès im Geiste.
Beckenrand Sheriff zeigt, dass deutsches Kino auch fernab von üblichen RomComs der Marke Schweiger/Schweighöfer oder Brachialklamauk eines Otto Waalkes witzig sein kann. Vielleicht nicht in jeder Sequenz ganz glücklich, aber in Summe ein rundum vergnüglicher und durchaus auch mal berührender Film, der die Brücke zwischen dem Humor der Eberhofer-Krimis und jenem eines Louis de Funès schlägt.
Autor: Timo Wolters 2022 - © Leonine Distribution
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