Achtung, hier kommt eine 3D-Sound-Referenzscheibe. Stefan Zaradic ist Komponist und Musikproduzent. Einige Zeit war der in Wien geborene Klangtüftler, Keyboarder beim damals international erfolgreichen Musikprojekt Supermax von Gründer Kurt Hauenstein. Doch damit nicht genug spielte er in den folgenden Jahren auch eine tragende Rolle als Keyboarder und Arrangeur bei vielen Studioproduktionen. Zusammenarbeiten mit Chick Corea, Al Di Meola oder auch dem Chor der Sixtinischen Kapelle sprechen Bände. Nachfolgend haben wir deren musikalische Konzertinterpretation des Tetragon Project mit Oracles vorgenommen.
Stets war Zaradic aber auch daran interessiert, das Klangspektrum selbst zu erweitern. Schon früh beschäftigte er sich mit immersive Audio und ging ab 2005 in seinem eigens gegründeten Studio, dass man heute unter „zaraproduction“ kennt, die ersten Schritte in Richtung 3D-Audio. Bis heute ist er einer der Vorreiter von innovativen Soundinstallationen und war 2016 dann Initiator der Weltpremiere des immersive Audio Live Konzerts in Graz. In Kooperation mit der Kunstuniversität Graz und mit der Unterstützung von Sennheiser Austria fand ein innovatives, neuartiges Musikevent im György Ligety Saal statt, bei dem Stefan Zaradic mit seinen „Tetragon-Project“ und Weltstar Al Di Meola auftraten. Durch eine streng limitierte Sitzplatzanzahl war es möglich, mit der entsprechenden Technik für jeden Zuschauer/Zuhörer ein immersives 3D-Sounderlebnis zu kreieren. Begleitet haben Zaradic, der erneut das Keyboard übernahm, die Studiomusiker und Komponisten Wolfgang Opitz (Saxophon und Flöten) sowie Perkussionist Wolfram Winkel.
Die Kompositionen selbst verabschieden sich von üblichen Strukturen und interagieren ebenso mit der Atmosphäre selbst wie mit sogenannten „Acousmatic Sounds“ – also solchen Klängen, deren Erzeugungsmittel nicht wirklich identifizierbar sind und die den Zuschauer damit rein aufs Hören fokussieren. Fünf Jahre nach dem Live-Event kann man sich diese Klangexperimente nun auch nach Hause holen – selbstverständlich ebenfalls in 3D-Sound. Dafür hat man sich noch einmal ausgiebig mit der immersive-Audio-Thematik befasst und mit Stefan Bock, dem Gründer der MSM-Studios, einen echten Spezialisten für 3D-Tonumsetzungen ins Boot geholt. Bock hatte zuletzt bereits die Pure-Audio-Blu-ray von Yellos „Point“ produziert und leitet mit Stefan Zaradic gemeinsam auch IAN Productions, die sich (der Name Immersive Audio Networkt sagt es bereits) ausschließlich mit Produktionen beschäftigen, die neuartige Sounderfahrungen auf den Weg bringen. So wurden unter diesem Label 3D-Soundinstallationen im Audioversum in Innsbruck sowie in der Autostadt Wolfsburg installiert. Wie aber die Pure Audio Blu-ray klingt, lest ihr im folgenden Abschnitt.
Wie bei den letzten Pure Audio Disks verschiedener Interpreten auch, so findet sich auf der Oracles des Tetragon Projects neben der 3D-Sound-Abmischung in Dolby Atmos, auch eine PCM-Stereo-Fassung und ein Auro-3D-Mix in 9.1. Zwar dreht sich bei dem Musikprojekt alles um den immersiven Sound, aber der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass die 2.0-PCM-Variante eine wirklich schöne Stereobühne aufbaut. Wahnsinn auch, wie zentral die Stimme im ersten Song aus der Mitte kommt, ohne dass der Center aktiv ist. Mit wunderbarer Stereo-Differenzierung wandern die Instrumente und die flüsternden Vocals von links nach rechts und wieder zurück – schon in Stereo ist diese Scheibe ein Genuss. Auch wenn es ihr natürlich an der Bassintensität fehlt, die ein aktiv mit Signalen versorgter Subwoofer in der Mehrkanalspur wiedergeben kann.
Wechselt man auf die Atmos-Fassung, weiß man sofort, was mit dem eröffnenden längeren Rezensions-Einleitungstext, der ein wenig nüchtern und faktenorientiert beschrieben ist, gemeint ist: Vom ersten Moment an sitzt man absolut beeindruckt auf seinem perfekt positionierten Hörplatz und wird von der schwebenden Hauptstimme umschmeichelt. Dabei stellt sich ein derart raumfüllendes Gefühl ein, dass man zwar weiß, dass die Stimme auch aus den Heights kommt, es aber nicht als isoliert und losgelöst, sondern wie aus einem Guss betrachtet. Das nach etwa zwei Minuten einsetzende „Da da da“ wirkt unglaublich greifbar, während die flüsternden und säuselnden Stimmen eine Minute später schwerelos durch den Raum zu gleiten scheinen.
Und was der Stereovariante noch fehlt, kommt in der Atmos-Version mit geschmeidigem Druck: Der Tiefbass. Erstmals beim Einsatz der Bassgitarre nach etwa viereinhalb Minuten und in der Folge auch über unterlegte tiefe Töne, die ein Fundament unter die Triangel-/Glockengeräusche legen. Wir sind hier wohlgemerkt noch beim ersten von sechs Songs und bereits vollkommen fasziniert. Wobei man von „Songs“ so richtig gar nicht sprechen kann. Rein von der Stimmung her wirkt das gut 50-minütige Album eher wie aus einem Guss. Und sähe man der Kapitelangabe nicht beim Wechsel zu, könnte man auch annehmen, es wäre ein einziger, langer Track. Musikalisch dürfte das nicht jedermanns Sache sein, da der etwas esoterisch angehauchte Weltmusik-Charakter vielen Zuhörern vielleicht etwas zu langweilig sein könnte. Und tatsächlich zieht sich das Ganze kompositorisch nach etwa 40 Minuten etwas. Arg viele Einfälle hat das Trio dann aus musikalischer Sicht nicht mehr. Und weil das so ist, bleiben dann natürlich auch die echten 3D-Soundexperimente etwas aus. Wohlgemerkt: EXPERIMENTE. Denn der Atmos-Klang und die Abmischung sind schlicht sensationell gut – und das durchweg. Es braucht ja auch nicht ständig irgendwelche umher springenden oder wandernden Geräuscheffekte, um eine dreidimensionale Tondarbietung genießen zu können. Genuss ist aber genau das richtige Wort, denn selten wurde man von sphärischen Klängen derart angenehm eingelullt.
Etwas Abwechslung kommt dann aber doch noch mal ins Spiel. Und zwar, wenn mit dem siebten Track ab Minute 50 für weitere 26 Minuten Ausschnitte aus dem 2016er Live-Konzert angeschlossen werden. Hier geht’s auch musikalisch etwas dynamischer zu, da die perkussiven Instrumente teils stärker im Vordergrund stehen. Wenn das live damals nur annähernd so geklungen hat, war’s ein echtes Erlebnis. Zwar kommen hier auch viele Sounds und Klangbilder aus der elektronischen Vorproduktion, aber gerade das Flöten- und Percussion-Spiel von Zardics Mitstreitern ist klasse anzuschauen. Übrigens: Während der ersten 50 Minuten sorgen die atmosphärisch-spirituell angehauchten Entspannungsbilder, die den Songs unterlegt sind, für eine fast meditative Entspannung, wenngleich sie in 1080i/60 abgelegt wurden, was den einen oder anderen TV aus dem Tritt bringen könnte. Und noch was: Als eine der wenigen Pure Audio Disks, die mir bisher unterkamen, gibt’s hier Interviews als Bonusmaterial. Und hinter einem enthaltenen QR-Code versteckt sich zudem ein Downloadcode für den Zugriff auf Hi-Res Stereo und Sony 360 Reality Audio Dateien.
Die Auro-3D-Fassung konnte aufgrund nicht aktiviertem Setup leider nicht getestet werden.
Stefan Bock hat gemeinsam mit Stefan Zaradic ganze Arbeit geleistet, um die Kompositionen des Tetragon-Projekts ins Heimkino zu transferieren. Wer über ein Atmos- oder Auro-Setup verfügt, bekommt hier eine Referenzscheibe in Sachen Klarheit, Raumgefühl und Lostgelöstheit. Es ist keine elektronisch-experimentelle Scheibe wie Kraftwerks 3D-Audio-Blu-ray. Dafür aber eine Disk, welche die Grenzen im Bezug auf – im wahrsten Sinne des Wortes – immersiven Sound auslotet. Gehört in jede Sammlung. Erhältlich ist diese ab sofort bei Grobi.TV oder Pureaudiorecordings.
Autor: Timo Wolters - Copyright Szenenfotos: © IAN Productions
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