Rezension des Films: Wir: Santa Cruz im Sommer 1986: Die kleine Ada Thomas besucht an ihrem Geburtstag mit ihren Eltern einen Vergnügungspark. In einem unbeobachteten Moment geht sie zum Strand runter und betritt ein Spiegelkabinet. Als sie hinein geht, begegnet sie einem Mädchen, das exakt so aussieht wie sie selbst. Die Begegnung verändert Adelaide. Sie hört auf zu sprechen und leidet fortan unter einer posttraumatischen Störung.
Dreißig Jahre später scheint alles wieder in Ordnung zu sein. Gemeinsam mit ihrem Mann Gabe Wilson und den beiden Kids veranstalten sie eine Reise in die Gegend von Adas Kindheit. Als ihr Mann jedoch vorschlägt, mit den Kids zum Santa-Cruz-Beach zu gehen, wehrt sie sich vehement. Nicht zu Unrecht, wie es scheint. Denn kaum kommen sie dem Strand näher, mehren sich seltsame Vorfälle. Adelaide scheint Menschen zu sehen, denen sie damals auch im Vergnügungspark begegnete. Als sie dann Abends wieder Zuhause sind, offenbart Ada ihrem Mann, dass sie wieder abreisen möchte. Doch dann kommt etwas dazwischen. Plötzlich steht eine Familie in der Einfahrt der Wilsons. Sie stehen einfach nur da. Regungslos. Doch das ist nicht das Schaurigste. Denn sie sind nicht irgendeine Familie. Sie sehen aus wie die Wilsons – jeder einzelne scheint ein Doppelgänger zu sein …
Tja, das hat er nun davon, der Jordan Peele. Vor zwei Jahren mit dem verstörenden Get Out beim Publikum und damit an den Kinokassen äußerst erfolgreich als Regisseur debütiert, muss er sich fortan an seinem Horror-Grenzgänger messen lassen. Nun schickt er sich an, genau diesem Druck stand zu halten, indem er mit Wir das Folgewerk ins Rennen schickt. Erneut lotet er die Grenzen des Genres aus. Eines Genres, das er schon seit seiner Jugend liebt und dessen ikonische Figuren wie Freddy Krüger oder Alien er verehrt – und das trotz seiner eigentlichen Basis als Comedian der Gruppe Boom Chicago.
Die Kinokassen bestätigten Peele mit seinem Nachfolger. Denn Wir spielte sowohl in den USA als auch weltweit praktisch exakt das gleiche Geld ein wie der Vorgänger. Auch Kritiker waren erneut überzeugt – Werte von 7,9 bei Rotten Tomatoes und 81% bei Metacritic sprechen eine deutliche Sprache. Und doch: Genauso wie beim Vorgänger gab es auch hier Zuschauer, die enttäuscht aus dem Kino kamen. Kein Wunder, denn Jordan Peele macht es dem Betrachter nicht leicht. Seine Geschichten (das Drehbuch stammt erneut von ihm selbst) sind vielschichtig und der Horror funktioniert vor allem unterhalb der Oberfläche. Obschon Wir deutlich blutiger ausfällt als Get Out, sollte man auch hier erneut bereit sein, sich mit der Psychologie des Themas und seiner Figuren auseinander zu setzen. Schlichtes Konsumieren kann in diesem Film nur zur Frustration führen.
Inszenatorisch wählt Peele den Weg, seine Geschichte zunächst mit Rückblicken zu gestalten, um die Vergangenheit nach und nach zu erklären. Immer wieder kehrt man gemeinsam mit den Erinnerungen der erwachsenen Ada zurück in die Zeit, in der sie mit Stummheit und Zurückgezogenheit auf das Ereignis im Spiegelkabinett reagierte. Dabei entwickelt der Zuschauer sehr bald eine Verbindung zu ihr und der auffällig netten Familie. Doch auch der Betrachter merkt bald, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Der Zuschauer sieht gemeinsam mit Ada Dinge, die an die damaligen Ereignisse erinnern: Das Spiegelkabinett am Strand, der abgerockte Obdachlose mit Schild oder Black-Flag-T-Shirts – schaut man WIR aufmerksam zu, wirkt das Geschehen noch schneller seltsam als es sich von dem Moment an entwickelt, da die „Tethered“ auftauchen.
Deren Erscheinung gerät schon alleine durch die Art und Weise spooky, wie sie dort unbeweglich und Hand in Hand in der Einfahrt stehen. Das Eindringen ins Haus gerät dann zu den schaurigsten Sequenzen, die der Horrorthriller der letzten Jahre erlebt hat. Mit einer Mischung aus brachialem Terror (Eingangstür) und gruselig-schnellen Bewegungen (die Tochter auf dem Baum) belagern die mit roten Overalls angezogenen Doppelgänger das Haus und verschaffen sich bald Zutritt. Schon alleine das leicht veränderte äußere Erscheinungsbild sorgt für Grusel. Noch effektiver aber ist das Spiel von Lupita Nyong’o.
Man merkt ihr an, wie viel Spaß sie an der Doppelrolle hatte und dass sie diese böse Adelaide mit Lust gespielt hat – und damit ist nicht nur der sensationell inszenierte Showdown gemeint, den sie ballettartig ausfechtet und bis zum bitteren Ende durchzieht. Schon ihre Bewegungen als böser Zwilling (die sie an jene einer Kakerlake anlehnte) sind derart gruselig, dass man schnell auf den Gedanken kommt, die zweite Familie wäre nicht von dieser Welt. Noch schauriger wird’s, wenn sie zu reden beginnt. Ohne den Überraschungseffekt zu nehmen: Man muss sich keineswegs schämen, wenn man mit einer mächtigen Gänsehaut vor der Leinwand oder dem TV sitzt.
Was im Übrigen vom kongenialen Score, der zudem äußerst effektvoll auf alle Lautsprecher verteilt wird, untermauert wird. Inhaltlich wendet sich Peele zwar etwas vom sozialkritischen Aspekt seines Erstlings ab, überzeugt aber auf anderen Ebenen. Er kombiniert Elemente eines Die Körperfresser kommen mit der intimen Atmosphäre eines Funny Games und unterlegt das Ganze mit einem tiefenpsychologischem Profil. Denn spätestens in der zweiten Hälfte des Films wird klar, dass sich ein Sigmund Freud in der Analyse von Wir ziemlich wohlgefühlt hätte. Immerhin ist es der Mensch, der hier dem Menschen Böses tut, dessen Urinstinkte (vgl: Freuds „Es“) getriggert werden und der zum Äußersten schreitet, wenn er mit seinen verdrängten Traumata konfrontiert wird.
Ein bisschen Spaß darf’s aber zwischendurch auch sein, wenn sich Jordan Peele ziemlich köstlich über Smart-Home-Anwendungen wie die Alexas, Google Homes und Apple HomePods dieser Welt lustig macht. Ganz und gar nicht lustig ist allerdings tatsächlich das Gewaltlevel in Wir. Ohne direkte Einwirkungen darzustellen, wird hier ziemlich heftig zur Sache gegangen und auch noch mal zugeschlagen, wenn vermeintlich schon alles vorbei ist. Das wirkt allerdings in Peeles Film nicht selbstzweckhaft, sondern funktioniert umso intensiver aufgrund der oben angesprochenen psychologischen Faktoren. Wer sich übrigens fragt, was es mit den Kaninchen auf sich hat, dem liefert Peele zwar eine Antwort (ihn ängstigen einfach diese scherenartigen – Aha: SCHEREN – Ohren), doch es bleiben noch einige Interpretationen mehr, über die man sich im Anschluss an den Film gerne noch ein paar Gedanken machen darf.
Wir ist ein absolut würdiger Nachfolger von Get Out. Wer Freude daran hat, hinter die Fassade aus Home Invasion und Body Snatchers zu schauen, wird mit einem vielschichtigen und psychologisch wirksamen Horrorfilm belohnt, der den Menschen den Spiegel ihrer eigenen Bösartigkeit vorhält – klasse! Die UHD liefert gegenüber der Blu-ray die stärkere Qualität ab – allerdings nur im Falle einer Dolby-Vision-Kette. HDR10 wirkt in den dunklen Szenen häufig flacher und weniger dynamisch. Der Atmos-Sound ist famos gut und sehr effektiv geworden. Über ihn kommt der Schauer gleich noch mal intensiver rüber.
Autor: Timo Wolters - Copyright Szenenfotos: Universal Pictures Germany
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